Unesco Weltkulturerbe- Kenia - Thimlich Ohinga Archaeological Sit
Thimlich Ohinga - steinerne Zeugen der Kultur Kenias
Im Nordwesten der kenianischen Stadt Migori, nicht weit von der Grenze zu Tansania, befindet sich eine große, ehemalige Siedlung. Diese aus Trockenstein gebaute historische Stätte trägt den Namen "Thimlich Ohinga". Eine Bezeichnung, die aus der Sprache Dholuo stammt, welche vom Volk der Luo gesprochen wird. Übersetzt bedeuten Thimlich "dichter, furchteinflößender Wald" und Ohinga "große Festung". Dementsprechend diente der Bau vorrangig der Sicherheit der einheimischen Bevölkerung vor Angriffen durch Feinde oder wilde Tiere.
In vergangenen Tagen handelte es sich dabei um eine vielschichtige Verbindung aus Wohnanlagen der Gemeinde, Arbeitsstätten handwerklichen Gewerbes sowie Stallungen zur Unterbringung des Tierbestands. Die Anlage bewahrt somit die kollektive Erinnerung an jene kulturelle Tradition, welche die ländlichen Gemeinschaften der Region Nyanza hervorbrachten. Im Umkreis des Victoriasees hatte sich vom 16. bis hinein ins 20. Jahrhundert deren überlieferte Lebensweise fortentwickelt und behauptet. Unter einer Vielzahl vergleichbarer Einfriedungen ist "Thimlich Ohinga" sowohl die größte als auch die am besten erhaltene.
Ehrung durch die UNESCO
In ihrer Begründung von 2018 formuliert es die Organisation auf diese Weise: Thimlich Ohinga gibt auf außergewöhnliche Weise Zeugnis über die Siedlungstradition im Becken des Victoriasees ab. Seine massiven Steinwälle berichten von einer bedeutenden Periode in der Wanderungs- und Siedlungsgeschichte Nyanzas im Speziellen und Subsahara-Afrikas im Allgemeinen. Dabei stellt die Stätte ein herausragendes Beispiel für die Typologie der unverkleideten Trockensteinkonstruktionen dar. Als am besten erhaltene der Ohingni repräsentiert sie stellvetretend eine unverwechselbare Form der ländlichen Besiedlung, was sie zum Unesco Welterbe Kenia Thimlich Ohinga macht.
Geheimnisvolle Geschichte
Vieles über die Anlage ist unbekannt. Datierungen haben zu uneindeutigen Ergebnissen geführt. Wissenschaftliche Expeditionen entdeckten Quarzflocken, die typisch für die Jungsteinzeit sind und auf eine viel weiter zurückliegende Besiedlung des Landstrichs hinweisen. Vor und während der Kolonialisierung erlebte die Region vielfältige Wanderbewegungen; Rückschlüsse auf die sprachliche bzw. ethnische Identität der Menschen, die hier lebten, sind daher mit einem hohen Unsicherheitsfaktor verbunden. Die Anlagen wurden in verschiedenen Wellen bewohnt. Mündliche Überlieferungen legen nahe, dass die ersten Einwohner einem Bantuvolk angehörten. Dem widersprechen ethnographische Untersuchungen, welche Verbindungen zum traditionellen Baustil von Wohnhäusern der Luo aufzeigen konnten. Auch das Dekor der gefundenen Töpferwaren spricht für eine Besiedlung durch Westnilotisch sprechende Menschen.
Ein Weg entlang der Steine
Die historische Stätte erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 21 Hektar. Sie setzt sich aus vier Komplexen zusammen: Der größte - Kochieng - befindet sich im Nordwesten. Südöstlich davon liegt Kakuku, es folgen im Uhrzeigersinn Kokeck und Koluoch. Bei einem Besuch erfährt man, wie die damalige Bautechnologie aussah: Steine von unregelmäßiger Gestalt wurden ohne Mörtel zu anderthalb bis viereinhalb Meter hohen Wällen miteinander verbunden. Dabei entstanden innere, äußere und mittlere Mauer als drei Phasen. Das Innere der durchschnittlich einen Meter dicken Mauern betritt man über schmale, niedrige Öffnungen. Kochieng verfügt über drei dieser Eingänge, von denen eine nach Westen und zwei Richtung Osten zeigen. Diese sind von doppelten Wachtürmen flankiert, auf denen einst die Wächter - bewaffnet mit Speeren - ihre Gemeinschaft beschützten. Von Steinen begrenzte Korridore durchziehen die Anlage. Anhöhen zeigen Flächen an, auf denen einst ein Haus errichtet war. Zu sehen sind dort auch die Steinkonstruktionen, in welchen Schmiede Eisen zu Werkzeugen und Waffen verarbeiteten. Nach dem Erhitzen formten sie dort das Metall auf Steinen mit glatter Oberfläche. Daneben finden sich die Reste eines traditionellen Brennofens ("Tuyere"), in welchem das Eisen aus seinem Erz extrahiert wurde. Der große Anteil an Eisenschlacke, den archäologische Untersuchungen neben der Schmiedeanlage entdeckt haben, zeugt von der hohen Betriebsamkeit des Gewerbegebietes. Ferner befinden sich dort auch noch andere, ovale Steinmauern, die ganz unterschiedlichen Zwecken dienten: In manchen spielten Männer das - noch heute in Westkenia verbreitete - Brettspiel Ajua, in anderen mahlten Frauen das Getreide. Wieder andere dienten der Unterbringung von Nutztieren.
Umfangen ist das Unesco Welterbe Kenia Thimlich Ohinga vom einzigen erhaltenen Urwald in der Region. Neben Affen, die über die uralten Trockensteinwände klettern, leben hier auch zahlreiche Vogelarten.